Mit ‘skizze’ getaggte Artikel
Wenn’s mal mit dem Zeichnen nicht läuft und man kurz davor ist, den Stift zu zerbrechen, lautet die Durchhalteparole:
Mach noch kurz ’ne Wutskizze!
Der daraus resultierende Das-regt-mich-alles-so-auf-Strich fördert dann vielleicht doch noch irgendwas Versöhnliches zutage. Das löst den Ärger ein klein wenig. Und dann braucht man sich wenigstens keinen neuen Stift kaufen.
Das Elftausendjungfrauengässlein, nur ein Augenzwinkern entfernt von der Condomeria.
Und dazwischen ein Geheimtip für Liebhaber der Kaligraphie: Das Scriptorium.
Jahrelang hab ich mit Pinsel, dann mit Stiften getuscht. Mir wurde in jungen Jahren eindringlich erklärt, Illustrationen müssen für den Druck unbedingt getuscht werden. Mit helvetischer Tugendhaftigkeit folgte ich diesem Rat. Irgendwann beherrschte ich diese hohe Kunst ganz passabel, konnte mich aber nie richtig damit anfreunden. Mittlerweile tusche ich am Computer, und da macht es mir sogar Spaß. Aber immer häufiger lasse ich das Tuschen weg und verwende für die Reinzeichnung nur noch den Bleistift. Dabei fällt mir das Zeichnen viel leichter, als sei ich von einer hemmenden Pflicht befreit.
Dies ist eine Seite eines Projekts, an dem ich immer wieder mal sitze, sobald ich etwas Zeit habe (was nicht oft der Fall ist).
Es ist schon aufregend, wem und was man alles bei einem Sonntagmorgenspaziergang mit seinen beiden kleinen Jungs alles begegnet – wobei, an Dinosauriern kommt man in der Schweiz zurzeit nicht vorbei. Zeit und Nerven für eine vor Ort Zeichnung blieben mir leider nicht, aber für einen Schnappschuss reichte es. Und zuhause wurde dies seltene Exemplar eines Diplodocus bei Tee und Kuchen gemütlich auf Papier festgehalten.
Schon seit Ewigkeiten wollte ich dieses arme tapfere Häuschen zeichnen.
In dieser Strasse bin ich aufgewachsen, und schon immer malte ich mir den Bewohner als kauzigen und widerborstigen Mann aus, der sich gegen jede Modernisierung und Optionalentwicklung mit Fluchen und Spucken wehrt. Und bis zum heutigen Tag war er damit erfolgreich.
Aber wer weiss, vielleicht werden die Behörden eines Tages doch übermächtig und die Bagger fahren tatsächlich auf. Dann hoffe ich nur, dass dann aus dem Kamin tausende von Ballons aufsteigen, und das Haus nach Südamerika entschwebt.
Nach einer längeren Pause verspürte ich doch große Lust, endlich wieder eine Skizze meiner Umgebung anzufertigen. Und wo kann man spontanen Hunger am besten befriedigen? In einem Imbiss alter Schule. Und dazu zählt ohne Zweifel die Kantine Dreispitz (selbstverständlich nicht im Netz zu finden). Man bekommt dort nicht die hohe Küche aufgetischt, sondern veritable Kraftnahrung. Gullideckelgroße belegte Brote, betonschwerer Kartoffelsalat, abflussrohrdicke Würste und tsunamimäßig überschäumendes Bier – eben alles, was ein ehrlich schuftender Arbeiter nun mal braucht – liebevoll von Hand gemacht, industriell ist hier nur die Umgebung. Begrüßt wird man mit herzlicher Schroffheit, bedient mit rotzigem Charme und verabschiedet mit grobem Witz. Danach ist ist man nicht nur körperlich satt, sondern hat auch seelisch ein rundum zufriedenes Völlegefühl.
Nur leider bleibt ein schaler Nachgeschmack. Lange wird es diesen Ort nostalgischer Grobschlächtigkeit nämlich nicht mehr geben. In den nächsten Jahren wird an dieser Stelle ein neues Quartier aus dem Boden gestampft. Und ich befürchte, dass es dann an deftiger Würze fehlen wird.
Diesbezüglich bewies der Trainer meiner favorisierten Fußballmannschaft etwas zu wenig – oder zu viel, je nach Sichtweise. Aber das gehört jetzt auch nicht hierher. Ist bloß mein Fanherz, das ein wenig angeknackst ist.
Beim Wirtshaus im Spessart bin ich im Moment nur an der Umarbeitung des Originaltextes in Drehbuchform. Trotzdem kritzele ich in freien Minuten immer wieder an den Requisiten und Charakteren herum. Und heut dachte ich, es wäre wieder an der Zeit, den Stift konkreter zu benutzen. Also habe ich die Figuren des Feinen Herrn und des Fuhrmanns ausgearbeitet. Ich bin ganz zufrieden mit den beiden, denke aber, es wird sicherlich noch der eine oder andere Schritt stattfinden, bis sie vollends entwickelt sind. Ja, es ist unbestreitbar, Charakter entwerfen ist der beste Beweis für Evolution.
Aber jetzt wechsle ich wieder zu etwas anderem – so gesehen, bin ich auch nicht besser wie der Fink.
Ich bin nicht ganz schwindelfrei. Darum war das Zeichnen ins Skizzenbuch für einmal nur spannend ohne das vorherige ent-.
Ich saß auf einer Mauer, 15 Meter über dem Boden. Alle Augenblicke drehte ich mich in paranoider Ängstlichkeit um, um mich zu vergewissern, dass sich kein Verrückter von hinten anschlich, um mich aus krankem Spaß in die Tiefe zu stoßen (ich sollte aufhören, Sensationspresse zu lesen).
Aber das Motiv war einfach zu verlockend. Allerdings erschwerte die schräge Perspektive meine Konzentration erheblich. Mir wurde es ziemlich schwindlig.
Aber was tut man nicht alles für ein schönes Bild …
Hier noch übrigens ein kleiner Blick auf die Arbeitsschritte.
Die Gedanken sind frei.
Das ist so ziemlich das einzig wirklich Freie, was wir haben. Doch es gibt immer wieder welche, die denken, man kann sich einfach so noch andere Freiräume schaffen. Wie zum Beispiel diejenigen, die vor ein paar Wochen das leer stehende alte Kinderspital besetzten, um einen freien Raum für Kunst und Kultur zu schaffen.
Grundsätzlich bin ich völlig damit einverstanden, leer stehende Gebäude mit Leben zu füllen und zu sehen, was sich dort entwickelt. Wünschenswert wäre es nur, wenn gewisse Leute dabei ihre freien Gedanken manchmal auch zu Ende denken würden. Denn leider – oder besser gesagt „Zum Glück“ – sind wir Menschen nicht alle gleich. Und wenn man einen Raum schaffen möchte, in dem alles für alle möglich ist, dann muss man eben auch damit rechnen, dass mächtig was schief gehen kann.
So geschehen an der anschließenden Party im besetzten Kinderspital. Neben der fröhlichen Feier wurde eben auch munter randaliert und zerstört, unter Anderem auch medizinische Apparaturen, die für Drittweltländer gedacht waren. Sinnbildlich für den Absturz der ganzen Aktion war der schwerer Unfall eines jungen Mannes, der vom Balkon aus dem zweiten Stock fiel. Tja …
Es reizte mich, das alte Kinderspital nach dieser krassen Fehlbesetzung, in meinem Skizzenbuch zu verewigen. Nur war das Gelände nach dem oben geschilderten Reinfall dermaßen von der Außenwelt abgesperrt, dass vom eigentlichen Gebäude kaum noch etwas zu erkennen war. Trotzdem – oder gerade deswegen – setzte ich mich hin und zeichnete los. Ab und zu schlichen zwar Wachmänner mit argwöhnischer Neugier um mich herum, ließen mich aber in Ruhe.
Nach einer Weile gesellte sich dann Rob Carey zu mir, mit dem ich mich lose verabredet hatte, um gemeinsam zu zeichnen. Nur fing es dann gleich kräftig zu Regnen an, und wir mussten uns zurückziehen.
Am Ende landeten wir im Acqua Basilea, wo wir den angebrochenen Skizziernachmittag damit beendeten, eine Ecke des Restaurants zu zeichnen.
Und obwohl wir nichts aßen und tranken, ließ man uns gewähren.
Manchmal ist man eben doch freier, als man denkt.
Mit der Ideenfindung habe ich mich ja bereits schon mal kurz auseinandergesetzt. Aber als ich am Wochenende die unten stehende Zeichnung gemacht habe, kam mir dazu ein zusätzlicher Gedanke.
Die Statue fand ich als 11-Jähriger beim Spielen in der Wolfsschlucht (wer meine Anna Fink kennt, wird der Name ein Begriff sein). Sie war unter einem überhängenden Wurzelgeflecht unter einem Haufen Blätter verscharrt. Kaum hatte ich sie einigermaßen vom Dreck befreit, wollte sie mir ein bierbäuchiger Passant für 2 Franken abkaufen. Natürlich lehnte ich ab und machte mich sofort aus dem Staub.
Als ich mir das geheimnisvolle Fundstück zuhause näher betrachtete, wirbelten mir sofort Fragen durch den Kopf: Handelte es sich dabei um Diebesgut, das auf der Flucht hastig in der Schlucht versteckt worden war? Wenn ja, was war aus dem Dieb geworden? Wem gehörte die Skulptur? Warum befand sich außer ihr nichts anderes unter dem Laub?
Sich abenteuerliche Antworten auf diese Fragen auszudenken, machte mir ungeheuer viel Spaß. Jedes mal, wenn ich den kleinen Soldaten betrachte, kommt mir ein neuer Gedanke über seine Geschichte in den Sinn, aufregender, als die Wahrheit es je sein könnte.
Seither erinnert mich die Skulptur daran, dass man nicht nach Ideen suchen braucht. Wenn man die Augen und Ohren offen hält, stolpert man immer wieder über eine neue.
Sie festzuhalten und umzusetzen, ist ein anderes Paar Schuhe.