Mit ‘leben’ getaggte Artikel
Super, oder?
Nur leider funktioniert dieser spaßige Kalenderspruch nicht.
Trotzdem wird einem dieses nervige Motto – in unterschiedlichster Form – ständig um die Ohren gehauen. Aber wenn man versucht, alles zu sein, was man will, wird man am Ende wahrscheinlich nichts.
Und das ist nicht gerade viel.
Als Junge habe ich mit kindlicher Unbekümmertheit einfach drauf los gezeichnet und geschrieben. Es fiel mir unheimlich leicht. Aber ich lebe eben in der Schweiz, und hier darf einem gefälligst nichts leicht fallen. Und weil man eben auch das Kind der Gesellschaft ist, in der man aufwächst, machte ich es mir also schwerer als es in Wirklichkeit war. Und gepaart mit dem obigen Zwang, auf Teufel komm raus, zu sein, was man will (oder eben zu zeichnen, wie man will), versank ich mehr und mehr im Stilbrei.
Und es kam, was kommen musste: Unsicherheit. Mein Stil wechselte ständig. Überflüssige Gedanken verkrampften meinen Strich. Jegliches Gefühl von Vergnügen wurde begleitet von Gewissensbissen, denn man arbeitet ja schließlich nicht zum Spaß.
Natürlich brachte das auch Vorteile. Ich konnte meinen Kunden immer genau den Stil bieten, den sie sich wünschten. Nur war das sehr unbefriedigend, und Persönlichkeit strahlten diese Arbeiten überhaupt nicht aus.
Der Frust ließ nicht lange auf sich warten. Meine Unzufriedenheit begann nicht nur meine Arbeit zu beeinträchtigen, sondern auch mein persönliches Umfeld. Irgendwann zog ich die Notbremse und steckte mir das Ziel, dass zukünftige Kunden nicht bloß einen Zeichner beauftragen, sondern explizit den Zatko wünschen sollten.
Dies setzte voraus, dass ich meiner Arbeit einen eigenen Stempel aufdrücken musste. Entweder der Kunde vertraut meiner Umsetzung, oder er lässt es bleiben. Das mag im ersten Augenblick arrogant klingen, bringt im Endeffekt beiden Seiten aber enorm viel – einem Elektromonteur erkläre ich schließlich auch nicht, wie er meine Waschmaschine reparieren soll.
Ich hörte wieder mehr auf mein Bauchgefühl und dachte nicht mehr darüber nach, wie ich etwas zeichnen sollte, sondern was. Aber dazu musste ich mich regelrecht zwingen. Meine Unbekümmertheit war ziemlich eingerostet. Ich fühlte mich entwurzelt, und es dauerte ziemlich lange, bis ich ein neues Beet gefunden hatte, in dem ich wieder festen Stand finden konnte. Doch dann war sie wieder da, die verschollen geglaubte kindliche Freude. Und die Einsicht, dass ich in erster Linie eigentlich kein Zeichner bin, sondern ein Geschichtenerzähler.
Sinn– oder eben Stilsuche ist schlussendlich wie die berühmte Reise, an deren Ende man erkennt, dass man das, was man zu finden hoffte, zuhause schon längst hatte.
Und so kommt man zur einfachen Erkenntnis, dass man eben doch nur das sein kann, was man ist.
Aber das ist am Ende doch eine ganze Menge.